Am Samstag standen die Verhandlungen auf der Kippe: Zwei Verhandlungsgruppen, jene der kleinen Inselstaaten und der am wenigsten entwickelten Länder, verliessen am späten Nachmittag den Saal, weil ihnen die Zugeständnisse der Industrieländer nicht weit genug gingen.
Wie sich später herausstellte, war das noch kein Aufbruch zum Flughafen, sondern ein Protestmanöver. Jiwoh Emmanuel Abdulahi, der Energieminister von Sierra Leone, sagte kurz später, die Entwicklungsländer seien nach wie vor für einen «fairen Deal» zu haben. Die Verhandlungen gingen weiter – und am Schluss stand ein Resultat.
Entwicklungs- und Industrieländer im Clinch
Klimakonferenzen erfordern jedes Jahr viel Ausdauer von allen Beteiligten. Beschlussfähig ist die Versammlung nur, wenn zwei Drittel aller Mitglieder anwesend sind. Damit eine Abschlusserklärung zustande kommt, müssen alle anwesenden Mitgliedstaaten mit der Unterzeichnung einverstanden sein – sie starten mit Maximalforderungen in die Verhandlungen und finden sich im Idealfall im Kompromiss.
Doch dieses Jahr verliefen die Verhandlungen besonders holprig. Grob zusammengefasst standen sich die Entwicklungs- und die Industrieländer mit anscheinend unvereinbaren Interessen gegenüber.
Die Entwicklungsländer pochten auf ein möglichst hohes Finanzziel, sie forderten mindestens eine Verzehnfachung des bisherigen Beitrags auf über eine Billion Dollar jährlich. Sie argumentierten, die Industrieländer hätten eine Schuld zu begleichen, seien es doch sie gewesen, die mit fossilen Energiequellen ihren Wohlstand aufgebaut hätten.
Die Industrieländer, unter ihnen die Schweiz und Deutschland, erkannten an, dass der Unterstützungsbedarf der Entwicklungsländer gross sei. Der Betrag von einer Billion Dollar jährlich sei allerdings zu hoch, als dass die Industriestaaten ihn realistischerweise aus ihrem Staatshaushalt decken könnten. Sie forderten daher eine Erweiterung der Geberstaaten, die unter dem alten Finanzziel starr definiert worden waren. Allen voran China und die Golfstaaten, die in den letzten Jahren wirtschaftlich aufgestiegen sind und heute zu den grössten CO2-Emittenten der Welt zählen, sollen gemäss den Industrieländern ebenfalls in der Pflicht stehen.
Die chinesische Delegation wiederum schien einen Mittelweg zu suchen. Sie signalisierte Kooperationswillen, indem sie erstmals ihre freiwillige Klimafinanzierung in Entwicklungsländern bezifferte. Gleichzeitig bemühte sich China, den Status als Entwicklungsland nicht zu verlieren – ein Label, das dem Land bei den Staaten im sogenannten globalen Süden weiterhin viel Sympathie einbringt.
Frustrationen über Saudiarabien und Aserbaidschan
Auf dem Weg zum Schlussergebnis mussten die Diplomaten einige Widerstände überwinden.
So hat Saudiarabien laut den Aussagen einiger Verhandler Anträge blockiert, die über Jahre ausgearbeitet worden waren. An manchen Treffen habe die Delegation aus Saudiarabien gar nicht erst teilgenommen. «Ich habe den Widerstand Saudiarabiens gegen jeden Vorschlag zur Abkehr von fossilen Brennstoffen satt», kommentierte Catherine McKenna, die Leiterin einer Uno-Expertengruppe zum Klima. Die deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock warf den Golfstaaten vor, ein geopolitisches Machtspiel auf Kosten der ärmsten Staaten der Welt auszutragen.