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Äpfel in einer Auslage im Supermarkt

Frisches Obst sollte man jeden Tag essen, auf Fruchtsäfte lieber verzichten. Bild: Imago

Produktion & Konsum

Was die Schweizer essen sollen: Der Bund veröffentlicht die neuen Empfehlungen für eine gesunde Ernährung

Neu berücksichtigt die Lebensmittelpyramide auch ökologische Aspekte, obwohl das nicht die Kernaufgabe von Ernährungsempfehlungen ist.

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Was die Schweizer essen sollen: Der Bund veröffentlicht die neuen Empfehlungen für eine gesunde Ernährung

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Wasser trinken, jeden Tag frisches Obst und Gemüse essen und maximal zwei- bis dreimal pro Woche Fleisch: Dazu raten das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) sowie die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung (SGE) in ihren neuen Ernährungsempfehlungen.

Seit 2011 war die Schweizer Lebensmittelpyramide unverändert, es wurde Zeit für ein Update. Die Empfehlungen wurden deshalb auf der Grundlage neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse überprüft und aktualisiert. Zudem berücksichtigen sie nun auch ökologische Aspekte. Es geht nicht mehr nur darum, gesund zu essen, sondern auch nachhaltig. Damit folgt die Schweiz einem internationalen Trend. Erst in diesem Jahr hat zum Beispiel Deutschland ökologische Aspekte in seine Empfehlungen einfliessen lassen. Der Trend ist umstritten, denn eigentlich ist es die Aufgabe von Ernährungsempfehlungen, eine Ernährung vorzuschlagen, die gesundheitsförderlich ist. In der Schweiz aber wurden die ökologischen Aspekte nicht unverhältnismässig hoch gewichtet. Denn es hat sich nicht viel verändert.

Die Schweizer Ernährungsempfehlungen im Überblick

Getränke: 1–2 Liter am Tag Früchte und Gemüse: 5 Portionen am Tag Getreideprodukte und Kartoffeln: 3 Portionen am Tag Milchprodukte: 2–3 Portionen am Tag Hülsenfrüchte, Eier, Fleisch und weitere: 1 Portion am Tag Nüsse und Samen: 1 kleine Handvoll am Tag Öle und Fette: 2 Esslöffel am Tag Süssgetränke, Süsses und salzige Snacks (optional): 0–1 Portion am Tag

Die wichtigsten Änderungen

Neu werden Hülsenfrüchte, dazu gehören etwa Bohnen und Linsen, in der Gruppe der Eiweisslieferanten genannt. Dort finden sich auch Fleisch, Fisch, Eier und Tofu. Zuvor waren Hülsenfrüchte gemeinsam mit Getreideprodukten und Kartoffeln bei den Stärkelieferanten aufgeführt. Die Änderung ist nicht zwingend, aber nachvollziehbar, weil Hülsenfrüchte auch wichtige Eiweisslieferanten sind. Mit der Änderung werden pflanzliche Proteinquellen stärker als bisher hervorgehoben.

Zudem heisst es in den neuen Empfehlungen, man sollte pro Woche maximal zwei bis drei Portionen Fleisch essen, inklusive Geflügel und verarbeiteten Fleischs. Eine Portion entspricht 100 bis 120 Gramm. Das ähnelt den bisherigen Empfehlungen, die aber etwas zurückhaltender formuliert waren. Bisher hiess es: «Konsumieren Sie Fleisch massvoll – im Bewusstsein, dass zwei bis drei Portionen Fleisch (inkl. Geflügel und Fleischerzeugnisse) pro Woche genügen.»

Milch und Nüsse bekommen ihre eigene Kategorie

Milch war bis jetzt ebenfalls Teil der Gruppe der Eiweisslieferanten. Neu bilden Milchprodukte eine eigene Gruppe. Das BLV schreibt dazu in einer Mitteilung: «Milchprodukte sind eine Proteinquelle, aber auch Calciumlieferanten, ganz im Gegenteil zu Fleisch. Die Aufteilung der beiden Gruppen erleichtert die Kommunikation über ihre jeweilige Rolle.»

Ab sofort werden nur noch zwei bis drei Portionen Milch zu je 200 Millilitern empfohlen. Zuvor waren es drei Portionen täglich. Die neue Empfehlung decke den Calciumbedarf zu 60 Prozent, die übrigen 40 Prozent könne man mit anderen Lebensmitteln aufnehmen, zum Beispiel über Nüsse, Mineralwasser oder verschiedene Gemüsesorten.

Eine eigene Lebensmittelgruppe bilden neu auch Nüsse und Samen, die zuvor den Ölen und Fetten zugeordnet waren. Empfohlen wird, jeden Tag 15 bis 30 Gramm Nüsse und Samen wie etwa Walnüsse und Sonnenblumenkerne zu essen. Davor waren es 20 bis 30 Gramm. Dieses Detail bei der Untergrenze lässt sich am ehesten mit ökologischen Aspekten erklären. Denn diese Lebensmittel sind zwar sehr gesund, die Autoren der neuen Lebensmittelpyramide schreiben aber, Nüsse hätten keine gute Ökobilanz.

Bild der neuen Schweizer Lebensmittelpyramide

Die neue Schweizer Lebensmittelpyramide. Bild: BLV Admin

Kein Fruchtsaft mehr und weniger Öl

Die Ernährungsempfehlungen raten zudem von Fruchtsäften ab. Zuvor hiess es, pro Tag könne eine Portion Früchte durch ein Glas ungesüssten Saft ersetzt werden. Das Glas Saft war auch auf der Pyramide abgebildet. Auf der neuen Lebensmittelpyramide fehlt es. Die Autoren empfehlen in den Erläuterungen höchstens vier Gläser Saft mit jeweils zwei Dezilitern pro Woche. Tatsächlich raten Fachleute, lieber die ganze Frucht zu essen, da Säfte weniger wertvolle Nahrungsfasern enthalten, kaum sättigen und eine negativere Auswirkung auf den Blutzuckerspiegel haben.

Eine weitere Änderung gab es bei den Ölen. Bisher lautete die Empfehlung, täglich 20 bis 30 Gramm Pflanzenöle zu konsumieren, also zwei bis drei Esslöffel. In den neuen Empfehlungen sind es nur noch 20 Gramm, also zwei Esslöffel. Wie bis anhin wird geraten, mindestens zur Hälfte Rapsöl zu wählen. Rapsöl hat eine besonders vorteilhafte Zusammensetzung verschiedener Fettsäuren und bietet auch die wertvollen Omega-3-Fettsäuren. Was die Ökologie betrifft, muss erwähnt werden: Beim Rapsanbau werden viele Pestizide benötigt. Das BLV kommentiert dazu auf Anfrage: «Neben der Nährwertqualität ist Rapsöl auch in Bezug auf die Umwelt günstiger als andere Öle.»

Per se sind Öle nicht ungesund, vor allem Pflanzenöle mit vielen ungesättigten Fettsäuren haben gesundheitliche Vorteile. Doch sie liefern auch enorm viel Energie und können somit zu Übergewicht beitragen, wenn an anderen Stellen des Speiseplans nicht gespart wird. Das BLV schreibt: «Die Verzehrempfehlungen für Öl wurden in Verbindung mit Gesundheits- und Umweltaspekten gesenkt.» Die Schweizer Lebensmittelpyramide empfiehlt aber mit zwei Esslöffeln im Vergleich zu anderen Ländern immer noch recht viel Öl. In Deutschland rät man nur noch zu einem Esslöffel Pflanzenöl pro Tag.

Was geblieben ist: vor allem Wasser trinken

Viele andere Punkte auf der Lebensmittelpyramide sind geblieben wie zuvor. Noch immer bilden Getränke die grösste Gruppe, wie bis anhin soll man vor allem Wasser trinken, wahlweise auch ungesüssten Kräuter- und Früchtetee. Kaffee und Schwarztee können zur Flüssigkeitszufuhr beitragen, ein moderater Konsum – etwa drei Tassen täglich – wird aus gesundheitlichen und ökologischen Gründen empfohlen.

Wie zuvor werden drei Portionen Getreideprodukte oder Kartoffeln pro Tag empfohlen, die dem Körper Kohlenhydrate liefern. In den neuen Empfehlungen steht, davon sollte «mindestens die Hälfte in Form von Vollkorn» aufgenommen werden. Zuvor hiess es noch nicht ganz so eindeutig: «Bei Getreideprodukten Vollkorn bevorzugen.» Aus gesundheitlicher Sicht ist die klarere Formulierung sinnvoll. Vollkornprodukte liefern wertvolle Ballaststoffe, sättigen dadurch gut und wirken sich positiv auf die Darmflora aus.

Kein pauschales Abraten von hochverarbeiteten Lebensmitteln

Auch mit dem Thema hochverarbeitete Lebensmittel haben sich die Autoren der neuen Lebensmittelpyramide auseinandergesetzt. Sie raten aber wie bis anhin nicht explizit von industriell hochprozessierten Gerichten ab. Denn bis jetzt gibt es unter Wissenschaftern noch keine eindeutige Definition hochverarbeiteter Lebensmittel. Die wissenschaftlichen Studien sind bis heute noch nicht aussagekräftig genug, um klare Empfehlungen abgeben zu können. Diese Einschätzung teilen auch Fachleute.

Dennoch: Bisherige Studien deuten eher darauf hin, dass hochverarbeitete Lebensmittel negative gesundheitliche Folgen haben können. Deshalb empfiehlt das BLV, auf wenig verarbeitete Lebensmittel zu setzen und Produkte mit langen Zutatenlisten zu meiden.

Eva Mell, «Neue Zürcher Zeitung» (11.09.2024)

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Dieser Artikel behandelt folgende SDGs

Die Sustainable Development Goals (SDGs) sind 17 globale Ziele für nachhaltige Entwicklung, vereinbart von den UN-Mitgliedsstaaten in der Agenda 2030. Sie decken Themen wie Armutsbekämpfung, Ernährungssicherheit, Gesundheit, Bildung, Geschlechtergleichheit, sauberes Wasser, erneuerbare Energie, nachhaltiges Wirtschaftswachstum, Infrastruktur, Klimaschutz und den Schutz der Ozeane und der Biodiversität ab.

2 - Kein Hunger
12 - Verantwortungvoller Konsum und Produktion

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