Wir können unsere individuelle Klimaverantwortung nicht leugnen und müssen weniger fliegen
Ein Gastbeitrag von EPFL-Professor Jean-Pierre Danthine zu dieser Fragestellung: «Keine Strandferien mehr machen, bis Fliegen ohne Kerosin Realität ist?»
Jean-Pierre Danthine ist Professor an der EPFL (ETH Lausanne) und Managing Director des Enterprise of Society Center (E4S), ein Joint-Venture der Universität Lausanne mit dem IMD und der EPFL. Foto: PD
Ein Gastbeitrag von EPFL-Professor Jean-Pierre Danthine zu dieser Fragestellung: «Keine Strandferien mehr machen, bis Fliegen ohne Kerosin Realität ist?»
3 Min. • • Jean-Pierre Danthine, EPFL
Zurzeit scheinen alle zu hoffen, dass Wirtschaft und Technologie genug Lösungen finden werden, um unsere individuelle Klimaverantwortung zu entlasten. Doch die Realität sieht anders aus. Mehr als die Hälfte der CO₂-Emissionen sind auf unsere persönlichen Entscheidungen in Bezug auf Mobilität, Lebensmittelkonsum sowie Heizen und Kühlen zurückzuführen.
Als grösste individuelle Verursacher können wir, die reichen Bürger der westlichen Welt, uns nicht auf andere berufen. Wir haben ein individuelles Gewicht und können uns unserer Verantwortung nicht entziehen. Zudem: Wenn ich nicht handle, dann haben alle anderen ebenfalls das Recht, das Gleiche zu tun – und die Katastrophe wird unausweichlich.
Was können und sollen wir also tun? Wir müssen unseren direkten und indirekten Verbrauch an fossiler Energie so schnell und so radikal wie möglich einschränken. Dazu sind einige Änderungen unseres Verhaltens unumgänglich. Die Technologie kann uns dabei etwas helfen, doch wir müssen die Schritte selber machen.
Ein Beispiel: Ein grosser Teil unserer CO₂-Emissionen hängt mit der Art und Weise zusammen, wie wir unsere Häuser heizen. Hier hilft uns die Technologie, da wir unseren alten Heizsysteme durch kostengünstigere und effizientere ersetzen können. Doch wir müssen es auch tun.
Ebenso gibt es keine Entschuldigung dafür, unsere Verbrennungsmotoren für kurze und mittlere Entfernungen nicht abzuschaffen. Zu Fuss gehen, mit dem Rad fahren, öffentliche Verkehrsmittel und Elektroautos nutzen – sie können diesen Zweck sehr gut erfüllen, oft mit positiven Nebeneffekten für unsere Gesundheit. Auch eine Umstellung auf neuere und weniger fleischlastige Ernährung ist machbar und hat gesundheitlichen Vorteile.
Kurzum, die Technologie wird uns in vielen Bereichen helfen, wenn wir es wollen. Es bleibt jedoch das Problem der Langstreckenreisen. Denn hier wird die Technologie noch lange nicht helfen können. Und das hat Konsequenzen: Bei der vielreisenden Schweizer Bevölkerung machen Langstreckenflüge einen Viertel der Treibhausgasemissionen aus. Optimalerweise sollten Flugreisen daher bis auf Weiteres auf das Notwendigste beschränkt werden, sprich auf Businesstrips (wenn Fernarbeit nicht in Frage kommt) und auf Familienreisen.
Denn: Vergessen wird den Strand, sollten wir ihn nicht per Zug erreichen können! Und wenn trotzdem geflogen werden muss, dann bitte grosszügig in Kompensationen investieren – mindestens 100 Franken pro 1 Tonne CO₂. Das stellt immerhin eine vorübergehende und imperfekte Möglichkeit dar, um unserer Verantwortung Rechnung zu tragen.
Wirtschaft und Technologie können uns also in vielen Bereichen helfen, unseren klimatischen Fussabdruck zu reduzieren. Sie werden es aber nicht erlauben, dass wir weiterhin herumfliegen wie bisher. Hier können wir uns dem individuellen ökologischen Imperativ für den Klimawandel nicht entziehen.
Jean-Pierre Danthine ist Professor an der EPFL (ETH Lausanne) und Managing Director des Enterprise of Society Center (E4S), ein Joint-Venture der Universität Lausanne mit dem IMD und der EPFL.
Deklaration: Dieser Inhalt wurde von EPFL im Rahmen der Partnerschaft mit Sustainable Switzerland selbst erstellt.
Ein neuer Master of Science (MSc) in Sustainable Management and Technology (SMT) wird vom Enterprise of Society Center (E4S) im Namen seiner drei Partnerinstitutionen Universität Lausanne, IMD und EPFL angeboten. Das Ziel dieses Studiengangs ist es, die «entrepreneurs» und «intrapreneurs» der Zukunft mit dem Wissen und den Fähigkeiten auszustatten, um ihren Beitrag zum Übergang zu einer widerstandsfähigeren, umweltverträglicheren sowie integrativeren Wirtschaft zu leisten und dazu die Macht der Technologie zu nutzen.
Dieser Artikel behandelt folgende SDGs
Die Sustainable Development Goals (SDGs) sind 17 globale Ziele für nachhaltige Entwicklung, vereinbart von den UN-Mitgliedsstaaten in der Agenda 2030. Sie decken Themen wie Armutsbekämpfung, Ernährungssicherheit, Gesundheit, Bildung, Geschlechtergleichheit, sauberes Wasser, erneuerbare Energie, nachhaltiges Wirtschaftswachstum, Infrastruktur, Klimaschutz und den Schutz der Ozeane und der Biodiversität ab.
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