Dank der Cloud ist die Freiheit fast grenzenlos: Jederzeit und nahezu überall können wir Filme und Serien streamen, Musik hören, das nächste Reiseziel recherchieren – oder noch ein Katzenvideo posten. Doch die digitalen Dienste konsumieren sehr viel Energie, haben also einen enormen ökologischen Fussabdruck, der künftig noch steigen könnte. Am EcoCloud-Center der EPFL werden Methoden für mehr Nachhaltigkeit in der digitalen Welt entwickelt. EcoProphet gehört dazu. Diese Anwendung soll Rechenzentren bei der effizienten Verteilung ihrer Ressourcen helfen – per digitaler Signatur der Kunden.
Wir leben in einer Ära der Ungeduld. Wer online einen Film sehen oder einen Song hören möchte, hat keine Zeit zu verlieren. Jede noch so kleine Verzögerung ist ärgerlich. Und das ist ein grosses Problem der digitalen Anbieter. Genervte Kunden kommen vielleicht nicht wieder. Das lässt sich nur verhindern, wenn jedes Angebot auf Knopfdruck verfügbar ist. Das Verhalten einzelner Kunden ist aber eine Black Box und die Unternehmen dürfen nicht nachschauen. So wie persönliche Küchenchefs im Handumdrehen jedes Gericht zubereiten können, müssen sich die Anbieter stattdessen auf jede Eventualität vorbereiten.
Maximale Nutzung
Auch auf das schlimmste Szenario, erklärt Professor David Atienza, der das Embedded Systems Lab an der School of Engineering sowie EcoCloud leitet. Er meint die maximale Nutzung der Angebote durch die Kunden. «Es macht beispielsweise einen grossen Unterschied, ob wir einen Film auf dem Laptop oder – wie mittlerweile immer häufiger – auf dem Smartphone ansehen», sagt er. «Je grösser der Bildschirm, desto mehr Pixel müssen generiert werden. Die Anbieter müssen die Rechnerressourcen bereitstellen, damit alle Kunden auf den grössten Bildschirmen diesen Film sehen können. Auch wenn sie dann nicht benötigt werden.» Einfach gesagt: Wo im Endeffekt vielleicht fünf Server für ein Angebot ausreichen würden, stehen möglicherweise zehn parat – und können nicht anderweitig genutzt werden. Das ist nicht effizient und trägt zum hohen Energiekonsum digitaler Angebote und von deren Rechenzentren bei. In diesen meist gigantisch grossen Hallen sind Server neben- und übereinandergestapelt. Grosse Unternehmen wie Google und Netflix haben eigene Rechenzentren, kleinere Anbieter können hier Speicherkapazität mieten.
KI als Gamechanger
Egal, welcher Onlineservice von Kunden verlangt wird, ob Google-Suche, Social-Media-Post oder das Streamen eines Films: Die Daten kommen von hier. Momentan verteilt sich der Energieverbrauch der digitalen Welt zu gleichen Teilen auf drei Bereiche: Endgeräte wie Smartphones und Laptops, die Infrastruktur des Internets und die Rechenzentren. Diese sind also schon jetzt enorme Energiefresser. In der Schweiz beispielsweise beläuft sich ihr gesammelter Verbrauch laut einer Studie im Auftrag des Bundesamtes für Energie auf 3,6 Prozent des nationalen Stromverbrauchs. Und in Zukunft müssen Rechenzentren noch mehr leisten, ihr ökologischer Fussabdruck wird also weiter steigen.
Dafür gibt es drei Gründe: Zum einen wächst das Internet um rund ein Drittel pro Jahr. Dann speichern immer mehr Menschen und Unternehmen ihre Dateien, Dokumente, Bilder und Videos statt auf den eigenen Geräten in der Cloud, also auf externen Servern der Rechenzentren. Zudem droht künstliche Intelligenz zum Gamechanger in Sachen Energieverbrauch zu werden. Generative KI wie das bekannte Chat-GPT kann etwa Texte und Bilder erstellen. Dabei greifen die Modelle auf unfassbar grosse Datenmengen zurück, mit denen sie gefüttert wurden.
Dieses Training verbraucht schon jetzt extrem viel Energie. Neue Modelle sollen noch leistungsstärker werden und viele Anbieter sind in dieses Rennen eingestiegen. So etwa auch Google mit «Gemini», das die Kunden fast wie ein persönlicher Assistent unterstützen und rundum versorgen soll. «Es wird eine gigantische Datenbasis haben», sagt Atienza. «Das bedeutet, dass viel Geld und viel Energie ins Training fliessen. Bisher war das kaum ein Thema, weil Strom so billig war. Das ändert sich jetzt aber.» So bauen grosse Anbieter ihre Rechenzentren beispielsweise in Norwegen, wo sie geothermale Energie nutzen können. Keine Option, die für alle und überall funktioniert. «Deshalb machen wir die Arbeit in EcoCloud», sagt Atienza. «Wir suchen nach Wegen, die allgemein helfen, die Effizienz von Cloudsystemen und Rechenzentren zu verbessern.»