
Landwirtschaft: Sichere Versorgung im Inland vor schonender Produktion?
Ein wichtiges Ziel der Schweizer Landwirtschaft ist die Versorgung der einheimischen Bevölkerung mit Lebensmitteln. Die Sache hat nur einen Haken: Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, müssen hohe Erträge erzielt werden. Und das geht nur mit einer intensiven Bewirtschaftung. Doch darunter leiden Böden, Gewässer und die Biodiversität. Wie würden Sie entscheiden? Hier die Argumente dafür und dagegen.
- Sustainable Switzerland Editorial Team
Für eine stabile inländische Produktion.
Je weniger in der Schweiz produziert wird, desto grösser die Abhängigkeit vom Ausland.
Versorgungssicherheit in der Schweiz unter Druck Seit 2015 liegt der durchschnittliche Brutto-Selbstversorgungsgrad unter 60 Prozent, 2020 betrug er 56 Prozent. Tiefer liegt der Wert, wenn nur jene Nahrungsmittel berücksichtigt werden, die mit Schweizer Futtermittel produziert wurden. Dieser Netto-Selbstversorgungsgrad lag 2020 gerade einmal bei 49 Prozent. Die Landwirtschaft kann ihre Produktion nicht zurückfahren, solange der Bedarf nicht abnimmt.
Die Schweizer Bevölkerung wächst – und damit der Bedarf an inländischen Produkten. 1990 lebten 6,7 Millionen Menschen in der Schweiz, 2023 werden es 9 Millionen sein. Hätte die Landwirtschaft ihre Produktion nicht verstärkt, wäre die Abhängigkeit von ausländischen Erzeugnissen noch grösser als heute.
Extensive Bewirtschaftung macht Schweizer Produkte zu Luxusgütern. Baut die Schweiz ihre Produktion rasch auf eine sanfte Landwirtschaft um, so werden Schweizer Produkte auf dem Markt rar – und damit teurer. Damit steigt vor allem der Konsum von tierischen Produkten aus dem Ausland.
Import bedeutet, Probleme auszulagern. Sinkt die Produktionsmenge in der Schweiz, steigt der Importbedarf. Eine extensivere Landwirtschaft im Inland bedeutet also, dass mehr Produkte aus dem Ausland eingeführt werden. Ein verstärkter Import verursacht wiederum eine erhöhte Umweltbelastung durch Transporte.
Für eine sanfte Bewirtschaftung der Böden.
Langfristig nehmen Kulturland und Biodiversität Schaden.
Intensive Landwirtschaft schadet der Biodiversität. In der Schweiz wird seit den 1960er-Jahren intensive Landwirtschaft betrieben. Das bedeutet: mehr Monokulturen, höherer Pestizideinsatz und Überdüngung der Wiesen. Darunter leidet die Artenvielfalt. Die intensive Nutzung von Äckern und Weiden führt zu einem fast absurden Ergebnis: Die Biodiversität ist heute in Schweizer Städten grösser als auf bewirtschaftetem Kulturland.
Gülle schadet Böden und Gewässer. Die vielen Nutztiere von Schweizer Bauern produzieren massenhaft Gülle, die auf die Felder ausgetragen wird. Böden und Gewässer werden so durch Stickstoff und Phosphor belastet, was auch die Artenvielfalt in Gefahr bringt. Ein Ausweg wäre, den Nutztierbestand zu verringern. Das hätte Folgen für unser Ernährung: Auf den Teller kämen dann weniger tierische Produkte und mehr pflanzliche Kost.
Trinkwasserqualität durch Landwirtschaft beeinträchtigt. Ein intensiver Einsatz von Pestiziden schadet nicht nur der Biodiversität in den Böden, sondern verunreinigt auch das Grundwasser. Bei jeder siebten Trinkwasserprobe sind heute die Pestizidwerte zu hoch.
Verschwendung eindämmen, statt Böden zu überfordern. Noch immer wird in der Schweiz rund ein Drittel aller hergestellten Nahrungsmittel weggeworfen, oder es geht verloren. Eine unglaubliche Verschwendung. Unter dem Strich könnte die Selbstversorgung der Schweiz auch mit einer sanfteren Bewirtschaftung der Böden in gleichem Umfang sichergestellt werden.
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