Es gibt nicht den einen Weg, Zirkularität anzugehen. Wichtig ist, dass auf Basis der für das Unternehmen oder Projekt passenden Definition von Zirkularität, klare Ziele und KPI’s definiert werden.
Wie sieht die Zusammenarbeit zwischen Herstellern, Partnern der Wertschöpfungskette und Besteller idealerweise aus, um Zirkularität durch Beschaffung zu fördern?
Viele Bauaufträge werden auf der Grundlage von Ausschreibungen vergeben, bei öffentlichen Beschaffungen sind diese sogar vorgeschrieben. Ausschreibungen bieten einen wichtigen Hebel zur Förderung von Kreislaufwirtschaft, wenn ambitionierte Zirkularitäts-Anforderungen darin aufgenommen werden. Heutige Ausschreibeverfahren sind jedoch sehr kompetitiv. Der starke Konkurrenzgedanke führt oft zu Lösungen, die aus kurzfristiger finanzieller Sicht für den Bauherren attraktiv erscheinen, doch langfristig sind sie weder für die beteiligten Unternehmen noch für die Umwelt und damit die Gesellschaft optimal.
Für die erfolgreiche Umsetzung von kreislauffähigen Projekten ist die Zusammenarbeit zwischen Käufern und Lieferanten, aber auch zwischen den Partnern der Wertschöpfungskette unerlässlich. Als Auftraggeber ist es wichtig, diese Kollaborationen bereits während der Ausschreibungsphase zu initiieren. Dies kann zum Beispiel gelingen, indem das Verfahren in eine Auswahl- und Vergabephase unterteilt wird. In der Auswahlphase können Parteien oder Konsortien ausgewählt werden, die zur Organisation und deren Ambitionen passen. In der Vergabephase sollte der Dialog zwischen diesen Partnern gefördert werden, wodurch bisher konkurrierende sich zu kooperativen Beziehungen wandeln.
Wo sehen Sie die größte Hebelwirkung für die Verwirklichung eines zirkulären Bauwesens?
Die größte Herausforderung besteht darin, die richtigen Bedingungen zu schaffen, damit zirkuläres Bauen tatsächlich attraktiver wird als die lineare Bauweise. Dazu müssen wir die Regeln unseres derzeitigen Wirtschaftssystems, das immer noch auf dem Paradigma des endlosen Wachstums beruht, neugestalten. Eine Umweltsteuer auf neue Materialien könnte sekundäre Materialien konkurrenzfähig machen. Ebenso sind die Bewertungsregeln für Immobilien neu überdenken, um alle Kosten zu internalisieren.
Last but not least: Ich bin davon überzeugt, dass Knowledge Sharing das Wichtigste ist! Mit Copper8 gehen wir sogar so weit zu sagen, dass das Ziel unserer Organisation ist, überflüssig zu werden. Dafür geben wir jedes Quäntchen unseres Wissens aktiv weiter. Im Einklang mit dieser Philosophie bieten wir unser Buch «Circular Procurement In 8 Steps» als Gratis-Download an. Darin sind viele unserer auf langjähriger Erfahrung basierenden Erkenntnisse zur Integration von Zirkularität in den Beschaffungsprozess enthalten. Unser Appell an Sie lautet: Gehen Sie hinaus, werden Sie Experte und verbreiten Sie das Wissen weiter. Gemeinsam können wir mit der Kraft der Beschaffung eine Kreislaufwirtschaft realisieren!