Der Hof der Familie Bühlmann in Lügisingen bei Rothenburg. Bild: PD
Noch wirken sich die betrieblichen Umstellungen bei Bühlmann nur in bescheidenem Umfang auf die Klimabilanz aus. Als der Landwirt vor zwei Jahren mit dem «Klimastar»-Programm startete, verursachte die Produktion von einem Kilogramm Milch 775 Gramm CO2-Äquivalente. Mittlerweile konnte er die Emission auf 733 Gramm drücken.
Bühlmann geht es damit etwa so wie den meisten der 230 Betriebe, die am Programm teilnehmen. Seit der Lancierung des Projekts konnten sie ihre Treibhausgasemissionen pro Kilogramm Milch um durchschnittlich 4,9 Prozent reduzieren. Immerhin fressen die Kühe aber 20 Prozent weniger Nahrungsmittel, die auch Menschen konsumieren könnten.
Ob die Mehrheit der am Programm beteiligten Betriebe bis in vier Jahren das 20-Prozent-Ziel erreichen, ist jedoch fraglich. «Die Zielvorgaben sind sehr ambitioniert», sagt Rudolf Bigler, Präsident der Milchproduzentenorganisation Aaremilch, die sich am Projekt beteiligt. Das Unterfangen der Bauern, ihren CO2-Fussabdruck zu reduzieren, gleiche häufig einem Trial-und-Error-Verfahren. «Es gibt nicht eine grosse Schraube, an der wir drehen können, sondern ganz viele kleine.» Häufig merke der Landwirt erst im Nachhinein, dass er an der falschen Schraube gedreht habe.
Bigler wertet es bereits als Erfolg, dass die Bauern aufgrund der Initiative überhaupt wissen, wo sie beim Klimaschutz stehen. Dabei zeigen die Daten von «Klimastar», dass die Schweizer Milchproduzenten im Vergleich mit dem Ausland gut dastehen. Ihre Treibhausgasemissionen pro Kilogramm Milch liegen etwa dreimal tiefer als der weltweite Schnitt, was nicht zuletzt daran liegt, dass kaum an einem anderen Ort auf der Welt besseres Grünfutter wächst als im Voralpenraum.
Allerdings gibt es noch viel Luft nach oben. Noch immer ist die Schweizer Landwirtschaft zu grossen Teilen auf Hochleistungskühe ausgerichtet, die von Gras allein nicht satt werden. Sie sind auf Proteine und Kohlenhydrate in konzentrierter Form angewiesen, also auf Soja, Mais und Getreide. Dieses Kraftfutter jedoch stammt zu mehr als der Hälfte aus dem Ausland und ist umwelt- und klimaschädlich.
Der Bund hat das Problem erkannt. Ob er das Anreizsystem des Klimaprojekts auf die gesamte Milchbranche ausweiten will, ist allerdings noch völlig offen. «Es ist nicht der Zweck dieses Projektes, dass daraus direkt Massnahmen entstehen», sagt BLW-Chef Hofer. Primär sollen Erkenntnisse gewonnen werden, um die Milchproduktion nachhaltiger zu gestalten. Neue Instrumente würden soweit sinnvoll in der Agrarpolitik berücksichtigt. Gleichzeitig müsse aber darauf geachtet werden, die Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft zu vereinfachen.
Klimafreundliche Milch ist nicht immer nachhaltig
Einen Schritt weiter ist die Branchenorganisation Milch (BOM). Man könne die Erkenntnisse aus dem Pilotprojekt bereits anwenden, sagt Geschäftsführer Stefan Kohler. Klimamassnahmen dürften aber nicht auf Kosten des Tierwohls gehen. «Das Problem ist nämlich, dass klimafreundliche Milch nicht zwangsläufig auch am nachhaltigsten ist.» So würden etwa extensive Milchbetriebe meist eine schlechte CO2-Bilanz pro Kilo Milch aufweisen, weil die Kühe deutlich weniger Milch hergeben.
Kohler befürchtet zudem, dass mit der Einführung von finanziellen Anreizen neue Ungerechtigkeiten entstehen. So könnten just jene Bauern bestraft werden, die schon in den vergangenen Jahren viel unternommen hätten, ihren Treibhausgasausstoss zu reduzieren. «Für sie würde es schwieriger, sich zu verbessern.»
Die Branchenorganisation Milch belässt es deshalb vorderhand dabei, flächendeckend einen Klimarechner einzuführen, der sich an das Projekt anlehnt. Auf weitere Beschlüsse konnte sich die Milchwirtschaft beim umstrittenen Thema Klimaschutz bisher noch nicht einigen.