Die Regierung und die Mehrheit des Parlaments lehnten jedoch ein Verbot fossiler Energieträger ab. Daraufhin wurde ein Gegenvorschlag ausgearbeitet, der die Kernelemente der Initiative aufgreift, aber kein explizites Verbot von fossilen Energieträgern vorsieht.
Er enthält auch eine finanzielle Unterstützung für den Ersatz von Gas- oder Ölheizungen durch klimafreundlichere Systeme vor – in der Höhe von zwei Milliarden Franken über zehn Jahre – sowie eine Unterstützung zur Förderung technologischer Innovationen in den Unternehmen.
Das Parlament hat sich für die Formel des «indirekten Gegenvorschlags» entschieden, der im Gegensatz zum «direkten Gegenvorschlag» keine Verfassungsänderung erfordert, sondern auf Gesetzesebene greift.
Der Vorteil ist, dass das neue Gesetz im Falle einer Zustimmung an der Urne rasch in Kraft treten kann. Der Verein Klimaschutz hat, zufrieden mit dem parlamentarischen Vorschlag, beschlossen, seine Initiative zurückzuziehen und den Gegenvorschlag zu unterstützen.
Warum braucht es eine Abstimmung?
Das neue Klimagesetz missfällt der rechtskonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP), der grössten Partei der Schweiz. Sie hat erfolgreich das Referendum ergriffen. Der SVP ist es dabei gelungen, mehr als das Doppelte der erforderlichen 50'000 Unterschriften zu sammeln. Die Abstimmung findet am 18. Juni statt.
Warum lehnt die SVP das Klimagesetz ab?
Die SVP bezeichnete das neue Gesetz als einen «Stromfresser», der schädlich sei für die Wirtschaft und die Bevölkerung. Das Erreichen der Klimaneutralität bis 2050 bedeute faktisch ein Verbot von Benzin, Diesel, Heizöl und Gas. Der Strombedarf werde entsprechend steigen und die Rechnungen der Haushalte um Tausende von Franken pro Jahr erhöhen, und dies inmitten einer Energiekrise, sagt die Partei.
Es ist nicht das erste Mal, dass sich die SVP gegen die von den eidgenössischen Räten verabschiedete Klimapolitik stellt. Im Jahr 2020 hatte sie ein von Wirtschaftskreisen lanciertes Referendum gegen das neue CO₂-Gesetz unterstützt, das unter anderem eine Reihe von Steuern und Massnahmen zur Emissionsreduktion vorsah. Eher überraschend wurde die Vorlage in einer Volksabstimmung abgelehnt.
Wer unterstützt das Klimagesetz?
Im Parlament wurde der indirekte Gegenvorschlag von Vertretern aller grossen Parteien, von den Sozialdemokraten bis zur FDP unterstützt, einzig nicht von der SVP.
Für die Umweltverbände und das Komitee, das die Gletscher-Initiative unterstützt hatte, ermöglicht das Klimagesetz der Schweiz, sich von fossilen Energieträgern zu lösen und von einer grösseren Energieunabhängigkeit zu profitieren. Investitionen in innovative Technologien und Verfahren würden zudem zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen, so die Verbände.
Welches Gewicht haben die fossilen und erneuerbaren Energien in der Schweiz?
Die Schweiz importiert etwa 70% der verbrauchten Energie. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Rohöl, Erdölprodukte, Gas und Kohle. Zu den wichtigsten Erdöllieferanten gehören Nigeria, die Vereinigten Staaten und Libyen. Die Schweiz gehört zu den europäischen Ländern, die am meisten Öl für die Beheizung von Gebäuden verwenden: Etwa sechs von zehn Wohnungen werden mit fossilen Brennstoffen beheizt, obwohl in den letzten Jahren, insbesondere seit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine, vermehrt Wärmepumpen eingesetzt werden.
Die restlichen 30% des Energiebedarfs werden durch die inländische Stromerzeugung gedeckt. Zwei Drittel des Stroms stammen aus erneuerbaren Quellen, vor allem aus Wasserkraft, ein Drittel aus Atomkraftwerken.
In der Schweiz sind Photovoltaik und Windkraft noch nicht so weit entwickelt wie in den Nachbarländern. Hingegen ist der Anteil der erneuerbaren Energien am Schweizer Strommix höher als im europäischen Durchschnitt.
Die vom Verein Klimaschutz Schweiz lancierte Volksinitiative forderte eine Reduktion der Netto-CO₂-Emissionen auf null bis 2050 und ein Verbot des Verbrauchs fossiler Brennstoffe ab diesem Zeitpunkt. Der Verweis auf die Gletscher ist dem Umstand geschuldet, dass ihr Abschmelzen zu den sichtbarsten Folgen des Klimawandels in der Schweiz gehört.
Welche anderen Länder wollen bis 2050 Klimaneutralität erreichen?
Mindestens 130 der 198 UN-Staaten haben angekündigt, dass sie bis 2050 oder, wie China und Russland, bis 2060 klimaneutral sein wollen. Zusammen sind sie für etwa 90% der weltweiten Emissionen verantwortlich.
Die derzeitigen Verpflichtungen reichen jedoch nicht aus, um die globale Erwärmung auf 1,5°C zu begrenzen – das ambitionierteste Ziel des Pariser Klimaabkommens. Laut dem Climate Change Performance Index 2023 (CCPI), in dem die Emissionen, die Nutzung erneuerbarer Energien und die Klimapolitik von 59 Ländern und der EU untersucht wurden, ist kein Land in der Lage, die Klimakrise adäquat zu bewältigen.
Wo steht die Klimapolitik der Schweiz im internationalen Vergleich?
In der Rangliste der Klimapolitik nimmt die Schweiz den 22. Platz ein, nachdem sie im letzten Jahr noch auf Platz 15 gelegen hat. Die Schweiz muss «ihre Politik verbessern» und «ihre Umsetzung beschleunigen», so die internationalen Expert:innen, die den CCPI erstellt haben.
Der Climate Action Tracker (CAT), eine unabhängige Gruppe, die die Klimapolitik der Länder analysiert, stuft die Massnahmen der Schweiz als «ungenügend» ein, was vor allem auf die Ablehnung des neuen CO₂-Gesetzes an der Urne zurückzuführen ist.
Würden alle Länder so handeln wie die Schweiz, würde der Temperaturanstieg auf der Erde laut CAT zwischen 2 und 3°C betragen.