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Alternative Proteine: Gut für Verbraucher, Unternehmen und das Klima

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Produktion & Konsum Partner Inhalt: Boston Consulting Group (BCG)

Alternative Proteine: Gut für Verbraucher, Unternehmen und das Klima

Fleisch- und Milchalternativen auf Pflanzenbasis werden bei Verbrauchern immer beliebter. Ein ganz neuer Trend: Produkte aus mikrobieller Herstellung. Wie das den Lebensmittelmarkt verändert und welche Chancen sich für Unternehmen eröffnen, haben BCG und Blue Horizon in einer gemeinsamen Studie untersucht.

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Ob Eier, Fleisch oder Milch – auf globaler Ebene ist der Appetit auf Lebensmittel tierischen Ursprungs nach wie vor gross. Gleichzeitig wächst insbesondere in Europa und den USA die Nachfrage nach umweltverträglichen Alternativen. Immer mehr Verbraucher greifen beim Einkauf zu veganem Hack aus Erbsenprotein, geniessen ihren Cappuccino mit Hafermilch oder entscheiden sich in der Kantine für Seitan- statt Schweineschnitzel. Und die Entwicklung geht rasant weiter: In Singapur und den Vereinigten Staaten ist bereits sogenanntes kultiviertes Fleisch zugelassen – hergestellt aus tierischen Zellen, die sich in Bioreaktoren nahezu beliebig vermehren und anschliessend beispielsweise zu Chicken-Nuggets weiterverarbeiten lassen. In einigen Jahren könnte also – abhängig von der technologischen und regulatorischen Entwicklung – der Höhepunkt des Fleischverzehrs überschritten sein und der Konsum konventioneller Fleisch-, Fisch-, Milch- und Eiprodukte kontinuierlich zurückgehen. Wie beurteilen Verbraucher den Trend zu alternativen Proteinen? Und wie wirkt sich dieser auf Wirtschaft und Umwelt aus? Das haben die Boston Consulting Group (BCG) und Blue Horizon, ein auf nachhaltige Lebensmittel, Landwirtschaft und Kreislaufwirtschaft spezialisierter Investor aus der Schweiz, in einer gemeinsamen Studie analysiert. Für die Untersuchung «The Untapped Climate Opportunity in Alternative Proteins» wurden rund 4000 Konsumenten in Nordamerika, Europa, dem Nahen Osten und Asien befragt.

Hohe Verbraucherakzeptanz

Die Alternativen zu tierischen Lebensmitteln sind in Industrie- und Schwellenländern längst im Alltag der Menschen angekommen. 76 Prozent der Studienteilnehmer gaben an, mindestens eine Art alternativer Proteine zu kennen – seien diese rein pflanzlich, das Ergebnis von Fermentationsprozessen oder aus kultivierten tierischen Zellen hergestellt. 60 Prozent haben alternative Proteine bereits ausprobiert, und rund 35 Prozent von ihnen sind zu häufigen, fast ausschliesslichen oder ausschliesslichen Nutzern geworden. Dabei hat insbesondere die Coronakrise enorm zur Veränderung der Essgewohnheiten beigetragen: Rund die Hälfte (48 Prozent) der Befragten gab an, in diesem Zeitraum mehr oder sehr viel mehr Produkte aus alternativen Proteinen konsumiert zu haben. 30 Prozent der Menschen mit veränderten Essgewohnheiten nannten als Grund ein gestiegenes Gesundheitsbewusstsein, gefolgt von Sorge um das Tierleid (24 Prozent), Sorge um die Klimaerwärmung (23 Prozent) sowie einer grösseren Offenheit, etwas Neues auszuprobieren (23 Prozent). Ein Drittel würde die eigene Ernährung sogar komplett umstellen, wenn das einen nachweisbaren positiven Effekt auf das Weltklima hat. «Die Bereitschaft, auf Fleisch zu verzichten, ist auf der Verbraucherseite gross – mit viel Luft nach oben», sagt Benjamin Morach, Mitautor der Studie, Managing Director und Partner bei BCG.

Effektiver Klimaschutz

Die Reduzierung der Tierhaltung in der Lebensmittelwertschöpfungskette ist eine der wirkungsvollsten Lösungen für die globale Klimakrise. Laut UN-Umweltprogramm (UNEP) beansprucht die Tierhaltung derzeit 78 Prozent der weltweiten landwirtschaftlichen Nutzflächen. Rinder, Schweine, Schafe und Geflügel produzieren riesige Mengen Methangas, das die Erdatmosphäre noch schneller aufheizt als Kohlendioxid. Etwa 15 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen entfallen deshalb auf die Nutztierhaltung

Alternative Proteine aus Erbsen, Soja oder tierischen Zellkulturen können Fleisch- und Milchprodukte ersetzen und so dazu beitragen, die Klimaziele der Vereinten Nationen umzusetzen: den weltweiten Temperaturanstieg auf 1,5 Grad Celsius bis zum Jahr 2030 zu begrenzen und eine Treibhausgasneutralität bis zur Jahrhundertmitte zu erreichen. Die Umstellung der Ernährung auf pflanzliche Alternativen bei Rind-, Schweine- und Hühnerfleisch sowie Eiern könnte die Treibhausgasemissionen bis 2030 erheblich reduzieren. Selbst im Szenario mit den geringsten Einsparungen läge diese bei rund 0,85 Gigatonnen CO2-Äquivalenten (CO2e). Das entspricht 95 Prozent der Emissionen, die 2019 durch die Luftfahrtindustrie verursacht wurden. Im besten Fall könnten sich die globalen Emissionen sogar um 6,1 Gigatonnen CO2e verringern. Das entspricht 11 Prozent der Gesamtemissionen, die von der UNO für 2030 prognostiziert werden. «Das globale Lebensmittelsystem ist ein wichtiger Teil dieses Problems – und kann ein grosser Teil der Lösung sein», sagt Jürgen Rogg, ebenfalls Mitautor der Studie, Managing Director und Senior Partner bei BCG. Weltweit ist das in alternative Proteine investierte Kapital zwischen 2019 und 2021 von einer Milliarde US-Dollar auf fünf Milliarden US-Dollar gestiegen. Auch konventionelle Lebensmittelhersteller setzen zunehmend auf alternative Proteine, kaufen spezialisierte Start-ups oder gründen selbst welche. Mittelfristig verkleinert dieser allmähliche Umbau der Lebensmittelproduktion den CO2-Fussabdruck der Hersteller und verkürzt gleichzeitig die oft globalen Lieferketten. Das wiederum macht Unternehmen widerstandsfähiger gegen wirtschaftliche Schocks, wie sie in jüngster Vergangenheit durch die Coronapandemie oder den Ukrainekrieg verursacht wurden. Die Autoren der Studie kommen hierbei zu einem ermutigenden Ergebnis: Investitionen in alternative Proteine erzielen sektorübergreifend die höchsten CO2-Einsparungen pro US-Dollar des investierten Kapitals. Blue Horizon hat dafür den Begriff IoCE, Impact on Capital Employed, geprägt. Zum Beispiel ist der IoCE bei Investitionen in alternative Proteine mindestens dreimal so hoch wie in den Sektoren Verkehr und Gebäude, die bisher im Fokus der Klimapolitik stehen.

Politische Weichenstellungen

Die lenkende Wirkung staatlicher Institutionen, beispielsweise durch Subventionen, spielt auch bei den Fleisch- und Milchsubstituten eine wichtige Rolle. Auch längerfristige Abnahmeverträge und Preisgarantien sind eine Möglichkeit. Ferner können staatliche Regulatoren ein positives Umfeld schaffen, wie es bereits jetzt in Israel, Singapur und den Niederlanden zu beobachten ist. Nicht zuletzt hat China im aktuellen Fünfjahresplan die Rolle von Proteinen aus Pflanzen, Tierzellen und Mikroorganismen für die Ernährungssicherheit des Landes kräftig aufgewertet. Die Volksrepublik verfügt durch ihre Bevölkerungszahl nicht nur über einen riesigen Absatzmarkt im eigenen Land, sie kann auch durch die Menge an produzierten alternativen Proteinen Skalen- und Kostenvorteile erzielen. Damit dürfte auch der Preis der neuen Lebensmittel sinken. Ob in China oder im Rest der Welt: Wenn es allen Beteiligten – Landwirten, Lebensmittelherstellern, Saat- und Pharmaunternehmen, Maschinenbauern, Händlern sowie Regierungen als Rahmensetzer – gelingt, die nächste Generation gesunder und schmackhafter Fleisch- und Milchalternativen in die Regale zu bringen, bekommt auch das Klima eine Chance.

Deklaration: Dieser Inhalt wurde vom Sustainable Switzerland Editorial Team im Auftrag von BCG erstellt.

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