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Klima & Energie

Der Hype um den Hyperloop ist ins Stocken geraten

Das vom Tesla-Gründer Elon Musk erdachte System zum Personentransport im Flugzeugtempo, aber am Boden, entwickelt sich nicht so schnell wie gewünscht. Was wurde aus den Bahnpionieren?

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Die Idee ist nach wie vor bestechend. Man steigt in einen Zug ein, der mit der Geschwindigkeit eines Linienflugzeugs in einer Röhre von A nach B fährt. Damit liesse sich deutlich umweltfreundlicher reisen als bisher, ohne den Komfort der schnellen Flugreise zu vermissen. Das ist die simple Überlegung hinter dem Hyperloop.

Da wäre nur ein Problem: Solche Röhren, in denen ein Unterdruck erzeugt wird, müssen erst gebaut werden. Die Luft zum Fliegen hingegen ist stets vorhanden. Und die Infrastruktur mit Flughäfen, Flugzeugen und Flugsicherung besteht seit Jahrzehnten.

Zum glaubhaften Konzept wurde der Hyperloop durch das Engagement von Elon Musk. Er zeigte sich über das langsame Fortschreiten einer Schnellzuglinie zwischen Los Angeles und San Francisco (California High Speed Rail) frustriert und suchte nach Alternativen, um die Reisezeit zwischen den beiden kalifornischen Metropolen zu verkürzen und die Transportsicherheit zu erhöhen. Er veröffentlichte 2013 ein Konzeptpapier, das die Hyperloop-Idee propagierte.

Der Hyperloop ist keine neue Erfindung

Doch war dies nur alter Wein in neuen Schläuchen: Bereits 1812 hatte der britische Ingenieur George Medhurst die Idee, Züge in Vakuumröhren ohne Luftwiderstand schnell vorwärtszubewegen. Der Raketenforscher Robert Goddard entwickelte 1904 in den USA ein ähnliches Konzept, genauso wie Hermann Kemper, der Erfinder der Magnetschwebebahn, 1938 an die Fortbewegung solcher Bahnen in Vakuumröhren dachte.

Musk war mit der aufgewärmten Hyperloop-Idee in erster Linie daran interessiert, die Neugier der Ingenieure und den Unternehmergeist von Goldgräbern zu entfachen. Eigene Hyperloop-Röhren und hindurchsausende Gefährte hat der Tesla-Gründer zunächst nicht gebaut, lediglich eine kleine Testanlage.

Stattdessen schrieb Musks Weltraumfirma SpaceX 2015 einen Wettbewerb namens Hyperloop Pod Competition aus, damit sich Hochschulen und Startup-Firmen den Kopf über Lösungen für die Hyperloop-Infrastruktur und insbesondere die Zugkompositionen zerbrechen würden. Auf diese Weise sollte die Entwicklungsgeschwindigkeit gesteigert werden.

Durch den Ansporn, von Elon Musk persönlich einen Mobilitätspreis überreicht zu bekommen, entwickelten sich zwei Arten von Projekten: solche, die an Universitäten und technischen Schulen zu Forschungszwecken entwickelt wurden, und andere, die zu einem möglichst raschen kommerziellen Erfolg führen sollten.

Zur ersten Kategorie gehört eine Vielzahl renommierter Universitäten, darunter auch die TU München, die ETH Zürich und die EPF in Lausanne. Sie entwickelten in den vergangenen Jahren verschiedenartige mehrere Meter lange Röhren und Teststrecken in Modellgrösse sowie Fahrzeuge, die möglichst reibungsfrei, also schwebend und im Teilvakuum möglichst hohe Geschwindigkeiten erreichen sollen. Interessant ist insbesondere die Teströhre der EPFL, die kreisrund angelegt ist und so längere Fahrten ohne Richtungswechsel ermöglicht.

Unter den grössten Unternehmen, die mit der Tunnel-Schnellbahn möglichst bald Geld verdienen wollten, fanden sich Startups aus allen Regionen der Welt. Hyperloop One wurde 2014 in Kalifornien gegründet und sammelte insgesamt 450 Millionen Dollar an Investitionen ein, darunter auch von Richard Bransons Firma Virgin. Damit sollten Projekte zum Bau einzelner Hyperloop-Linien vorfinanziert werden.

Doch vor wenigen Wochen meldete Virgin Hyperloop One, wie die Firma zuletzt hiess, dass es die Aktivitäten einstellen werde, nachdem sich kein zahlender Kunde für eine funktionierende Hyperloop-Verbindung hatte finden lassen. Die meisten Mitarbeiter wurden entlassen, das bestehende Material soll nun noch verkauft werden.

Damit bestätigt Virgin Hyperloop One die unabhängig voneinander geäusserten Befürchtungen von John Hansman, Direktor für Lufttransport am MIT, und Markus Hecht, Leiter Schienenfahrzeuge der Technischen Universität Berlin. Sie hatten bereits 2013 Zweifel an der Realisierung von Hyperloop-Projekten angebracht, dies aufgrund der technischen Ansprüche an die Infrastruktur. Die Herstellung komme zu teuer, zudem seien Probleme wie Abwärme innerhalb der Vakuumröhren, Erdbebensicherheit und Notfallkonzept nur schwer zu lösen.

Weg vom Personentransport – hin zum Stückgut

Dies dürfte auch einer der Gründe sein, warum ein anderer Anbieter kommerzieller Hyperloop-Lösungen sein Konzept änderte. Die 2013 gegründete US-Firma Hyperloop TT (Transportation Technologies) verabschiedete sich nach ersten Versuchen vom schnellen Personentransport und konzentriert sich nun auf Warentransporte, die auf bestehenden Hyperloop-Personenverbindungen aufsetzen sollen. Im Mai 2023 erhielt Hyperloop TT 800 Millionen Euro aus einem EU-Projekt zum Bau einer kommerziellen Strecke in Italien.

Wieder andere Firmen lassen sich offenbar von den Bedenken beim Aufbau von Hyperloop-Streckennetzen nicht beirren. Die physikalischen und monetären Ansprüche an die Infrastruktur und an die Praktikabilität, Menschen im Flugzeugtempo durch Unterdruckröhren zu katapultieren, scheinen sie kaum zu beeindrucken.

Transpod nennt sich etwa das 2015 gegründete kanadische Unternehmen, das an einer Hyperloop-Strecke zwischen Toronto und dem südkanadischen Windsor bei Detroit arbeitet. Die in Vakuumröhren flitzenden Fluxjet-Fahrzeuge sollen dabei Geschwindigkeiten jenseits der 1000 km/h erreichen. Für eine Strecke von Calgary nach Edmonton hat Transpod Kosten in Höhe von 18 Milliarden US-Dollar errechnet.

Bis jetzt gibt es jedoch noch keine grösseren Aufträge – ein Fakt, der Virgin Hyperloop One zum Scheitern brachte. Nach Auftraggebern sucht der kanadische Hersteller nun auch in Europa mit Transpod-Büros in Frankreich und Italien. Noch gibt es keine nennenswerten Erfolgsmeldungen.

Hardt Hyperloop ist ein niederländisches Unternehmen, das 2016 aus einem Startup der TU Delft hervorging und sich zum Ziel gesetzt hat, ein europäisches Hyperloop-Streckennetz aufzubauen. Derzeit entsteht in Groningen eine 420 Meter lange Teststrecke. Bis 2030 soll eine europäische Pilotstrecke in voller Grösse gebaut werden, hofft man bei Hardt nach mehr als sieben Jahren Entwicklung. Hardt, so scheint es, steht an der Schwelle vom reinen Forschungsprojekt hin zur kommerziellen Firma, die mehr braucht als Staatsgelder, Mäzene und Sponsoren für die Forschung. Es bleibt abzuwarten, ob die Niederländer Aufträge an Land ziehen können.

Die beiden Schweizer Hochschul-Forschungsprojekte sind vom Kollaps bei Hyperloop One und von den zähen Bemühungen der Unternehmen, ihre Bahnprojekte bald in zahlbare Münze umzuwandeln, kaum betroffen. Sie treiben ihre Materialuntersuchungen und Machbarkeitsstudien in der geschützten Werkstatt voran. Georgios Sarantakos vom Projekt EPFLoop bestätigt denn auch, dass der Einfluss der stockenden Entwicklung im kommerziellen Sektor «unsere Aktivitäten eher begrenzt tangiert».

An der EPFL fokussiere man stärker auf die Entwicklung der Fahrkapsel als auf jene des Tunnels. «Wir glauben, dass eine hohe Energieeffizienz eine Grundvoraussetzung für die weitere Entwicklung des Hyperloop-Bereichs darstellt», sagt Sarantakos. «Denn im Hochgeschwindigkeitstransport bestimmt der Energieverbrauch in Kilowattstunden pro Kilometer und Passagier den Fahrpreis und die Nachhaltigkeit.» Daher arbeitet die EPFL vor allem an einem autonom fahrenden Hyperloop und einem hocheffizienten Antrieb.

Es gehe bei EPFLoop um Forschung, nicht um Kommerzialisierung. «Wir sind daher weniger unter Druck. Wir glauben aber, dass die Hyperloop-Lösung technologisch in naher Zukunft machbar sein wird.» Man könne zudem die Antriebsentwicklung auch für Projekte nützen, die noch vor dem Hyperloop Reife erlangen, etwa im Schienenverkehr oder bei Aufzügen. Hier liegen die Vorteile der Forschungsergebnisse, die sich auch auf andere Mobilitätssektoren ausweiten lassen. Man denke an die Entwicklung von reibungsarmen Rollmaterialien, Magnetschwebesystemen und Fahrzeugmaterialien.

Ähnlich lautet der Tenor beim Swissloop-Projekt der ETH. Wie der Leiter Operations Calvin Rüegg bestätigt, beeinflusst der Kollaps von Hyperloop One das Projekt nicht. «Wir als Studierendenteam können uns der Forschung widmen und sind nicht auf wirtschaftlichen Erfolg angewiesen», erklärt er.

Das ETH-Team kommt voran. An der European Hyperloop Week 2023 im schottischen Edinburg, einem alljährlichen Ersatz-Wettbewerb für Elon Musks längst eingestellte Ausschreibung, gewann Swissloop den Hauptpreis für das Gesamtsystem sowie weitere vier von insgesamt zehn ausgeschriebenen Preisen. «Ab Februar werden wir den neuen Fahrzeugprototyp, der mit vielen Innovationen und Neuerungen aufwartet, zusammenbauen und testen.»

Das Highlight wird für die ETH-Studenten vom 15. bis 21. Juli 2024 die diesjährige European Hyperloop Week sein, ein Heimspiel für die Zürcher – sie findet in Dübendorf und Zürich statt. Musk oder andere Vertreter von Tesla und SpaceX haben ihren Besuch in der Schweiz dafür bisher nicht angesagt.

Die Forschungsprojekte der Hochschulen haben nach eigenem Bekunden das Ziel, zu der Umsetzung einer Idee beizutragen, die den gewerbsmässigen Personentransport effizienter, erschwinglicher und umweltfreundlicher gestaltet, als dies die Luftfahrt oder der Schienenverkehr bis anhin bewerkstelligen. Sonst bliebe alles Forschung um der Forschung willen.

Doch ausser bei namhaften Hochschulen und technischen Ausrüstern und Sponsoren hat sich wenig getan. Die öffentliche Hand oder auch private Transportunternehmen zögern noch, sich mit konkreten Hyperloop-Projekten zu exponieren. Solange hier der Mut fehlt, dreht sich der Bodentransport im Jettempo noch im Kreis.

Herbie Schmidt, «Neue Zürcher Zeitung» (25.01.2024)

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