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Rhonegletscher

Planen schützen den Rhonegletscher vor der Sonne. Die Alpen haben 2022 so viel Gletschereis verloren wie noch nie. Bild: Patrick Robert Doyle

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On, Mammut und Co. werden Klimaaktivisten

Im Juni stimmt die Schweizer Bevölkerung über einen verbesserten Umweltschutz ab. Rund 25 Outdoor-Unternehmen schliessen sich für ein Ja zusammen.

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Sie leben alle irgendwie von den Bergen, nun wollen sie deren Stimme sein. Rund 25 Firmen aus der Sport-, Freizeit- und Outdoor-Industrie machen gemeinsame Sache, um am 18. Juni dem Klimaschutzgesetz zum Erfolg zu verhelfen. Darunter sind nicht nur prominente Marken wie der Zürcher Laufschuhhersteller On, der Aargauer Bergsportausrüster Mammut oder der Freiburger Velospezialist Scott, sondern auch Bergdestinationen wie Andermatt Swiss Alps oder die Ladenkette Doodah.

Zusammengetrommelt hat diese bunte Truppe der Schweizer Ableger der Umweltorganisation POW (Protect Our Winters). Diese wurde 2007 vom amerikanischen Snowboarder Jeremy Jones gegründet. Bereits 2021 trommelte POW laut für das CO₂-Gesetz, das vom Stimmvolk knapp abgelehnt wurde. Für die Abstimmung im kommenden Juni stellt sich die Organisation deshalb breiter auf.

«Wir haben mit unseren Partnerfirmen schon bei der Abstimmung zum CO₂-Gesetz eine Kampagne gemacht. Damals kam die Idee auf, eine Allianz aus möglichst vielen Outdoor-Firmen zusammenzubringen. Auch solchen, mit denen wir noch nicht zusammengearbeitet haben», sagt Nicholas Bornstein, Gründer von POW Schweiz.

Zählt man alle Kletterer, Wanderer, Jogger und Skifahrer zusammen, gibt es in der Schweiz rund 4,5 Mio. Outdoor-Sportler. Diese sollen mobilisiert werden, sagt Bornstein. «Wir wollen auch Leute ausserhalb des links-grünen Milieus an die Urne bringen.»

Es ist das erste Mal, dass sich die Schweizer Outdoor-Branche zusammenschliesst und Stellung bezieht. In der Schweiz üben sich Unternehmen normalerweise in Zurückhaltung, wenn es um Abstimmungen geht. Eine Ausnahme war die Vorlage zur «Ehe für alle» im Herbst 2021, für die unter anderem Ikea sehr offensiv warb. Sonst wird Politik gerne den Verbänden überlassen, bei denen man Mitglied ist.

«Unser Ziel ist es, einen unternehmerischen Aktivismus zu etablieren, wie er in Amerika schon üblich ist. Firmen wie Nike oder Patagonia leben das vor. Langsam kommt das auch in die Schweiz», sagt Nicholas Bornstein.

Doch wie glaubwürdig sind Unternehmen, die selbst die Umwelt belasten? Die Outdoor-Branche steht schon lange in der Kritik, weil sie bei ihren Produkten auf zum Teil giftige Chemikalien setzt, um sie wasserabweisend zu machen. Die meisten Kleider und Schuhe bestehen aus Kunststoff, der auf Erdöl basiert. Die Herstellung ist energieintensiv.

«Wir können nur radikal ehrlich mit uns selbst sein. Wir wissen, dass wir nicht perfekt sind», sagt Adrian Huber, der bei Mammut zuständig ist für den Bereich Corporate Responsibility, also die Unternehmensverantwortung. Aber Mammut arbeite intensiv daran, seinen Fussabdruck zu verkleinern. Im Hinblick auf die Abstimmung wird Mammut seine Kunden gezielt auf seinen Social-Media-Kanälen mit entsprechenden Botschaften eindecken.

«Früher war die Diskussion zwischen Unternehmen und Umweltorganisationen sehr polarisiert», sagt Co-CEO Marc Maurer von On. Heute sei das zum Glück differenzierter. Wichtig sei, dass man sich mit bestem Wissen und Gewissen für die Sache einsetze.

Das Klimagesetz will bei den Emissionen netto null bis 2050. Doch viele Firmen – inklusive On – seien auf gutem Weg, dieses Ziel viel früher zu erreichen. Der Schlüssel seien nicht Verbote, sondern der technologische Fortschritt, sagt Maurer. «Wir reden auch unabhängig von der Politik mit Mammut und vielen anderen. Denn die Outdoor-Branche hat das Ziel, ihre Produkte rezyklierfähig zu machen. Das schaffen wir nur gemeinsam.»

Maurer hofft denn auch, dass das Engagement von On weitere Firmen ausserhalb der Sportindustrie zu einem Bekenntnis für das geplante Gesetz bewegen kann.

Ob die Outdoor-Allianz politisch über den 18. Juni hinaus bestehen bleibt, ist offen. «Wir hoffen es. Aber wir wollen jetzt erst einmal die Abstimmung gewinnen», sagt Nicholas Bornstein von der Organisation Protect Our Winters.

Der vergangene Winter, in dem so wenig Schnee gefallen ist wie noch nie, sei Motivation genug.

Moritz Kaufmann, «Neue Zürcher Zeitung» (22.04.2022)

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