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Gesellschaft Wirtschaft

Einkäufe in die Säule 3a sollen möglich werden – aber mit Einschränkungen: "Den heute 30- bis 50-Jährigen bringt die Vorlage des Bundesrats wenig", so lautet eine Kritik

Wie bei der Pensionskasse soll es auch bei der Säule 3a in Zukunft die Option geben, finanzielle Lücken durch Einkäufe zu schliessen. Wie soll das aber genau geschehen? Daran scheiden sich die Geister.

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Einkäufe in die Säule 3a sollen möglich werden – aber mit Einschränkungen: "Den heute 30- bis 50-Jährigen bringt die Vorlage des Bundesrats wenig", so lautet eine Kritik

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Lücken in der steuerbegünstigten privaten Altersvorsorge (Säule 3a) sollen in Zukunft durch nachträgliche Einkäufe geschlossen werden können. Dies hat der Bundesrat in seiner Sitzung vom 22. November entschieden und entsprechende Änderungen der Verordnung in die bis zum 6. März 2024 dauernde Vernehmlassung geschickt.

Die Vorlage des Bundesrats geht auf eine Motion des Ständerats Erich Ettlin aus dem Jahr 2019 zurück, weicht aber in Teilen deutlich davon ab. Während sich die Befürworter von Säule-3a-Einkäufen enttäuscht zeigen über die Änderungen, stellen Kritiker weiterhin den Sinn solcher nachträglichen Einzahlungen infrage.

Maximalbetrag rückwirkend einzahlen

Folgende Bedingungen sollen laut dem Vorschlag des Bundesrats gelten:

  • Wer in einem Jahr nicht den Maximalbetrag in die Säule 3a einbezahlt hat, soll dies in Zukunft bis zu zehn Jahre lang rückwirkend durch Einkäufe aufholen können. Allerdings soll dies erst für die Jahre nach Inkrafttreten der Verordnungsänderung gelten, nicht – wie in der Motion vorgesehen – für die Jahre davor. Treten die Änderungen also per Anfang 2025 in Kraft, kann eine Person erstmals ab 2026 eine Lücke in der Säule 3a durch einen Einkauf schliessen.

  • Der Einkaufsbetrag ist jeweils maximal ein Jahresbeitrag sowie der sogenannte "kleine Steuerabzug". Dieser beträgt in diesem Jahr 7056 Franken und ist für Versicherte vorgesehen, die einer Pensionskasse angeschlossen sind. Zusammen mit dem laufenden Jahresbetrag sind es nicht mehr als zwei Jahresbeiträge, also 14 112 Franken. In der Motion Ettlin war ein Einkauf alle fünf Jahre vorgesehen, dann aber mit dem "grossen Steuerabzug" von derzeit 35 280 Franken. Dieser gilt für Selbständige ohne Pensionskasse.

  • Die Schliessung einer Jahresbeitragslücke ist nur durch einen einzigen Einkauf möglich, nicht durch mehrere Einkäufe. Eine Beitragslücke aus dem Jahr 2025 kann also nicht verteilt auf die Jahre 2026, 2027 und 2028 geschlossen werden.

  • Um Lücken schliessen zu können, muss eine Person nachweisen, dass sie in dem entsprechenden Beitragsjahr ein AHV-pflichtiges Erwerbseinkommen hatte. Hat sie in dem entsprechenden Jahr also nicht oder zu wenig gearbeitet, ist kein Einkauf in die Säule 3a möglich.

Enttäuschung über Vorlage zu Säule-3a-Einkäufen

Er habe seit der Mitteilung des Bundesrats viele Rückmeldungen von Bürgerinnen und Bürgern bekommen, sagt der Mitte-Ständerat Erich Ettlin im Gespräch. "Vielen musste ich sagen, dass Einkäufe in die Säule 3a für sie nicht möglich sein würden, wenn die Vorlage so umgesetzt werde." Schliesslich wären keine Einkäufe für Lücken in der Säule 3a, die in den vergangenen Jahren entstanden sind, vorgesehen. Dies habe bei vielen Enttäuschung ausgelöst, sagt Ettlin.

Der Bundesrat sei wohl so vorsichtig, weil er Steuerausfälle befürchte, sagt der Ständerat. In der Mitteilung des Bundesrats heisst es, es sei grob geschätzt mit jährlichen Mindereinnahmen von 100 bis 150 Millionen Franken zu rechnen. Einerseits argumentiere man, es drohten hohe Steuerausfälle, gleichzeitig sei immer wieder die Rede davon, Einkäufe in die Säule 3a könnten sich viele gar nicht leisten – das sei ein Widerspruch, sagt Ettlin.

Aus seiner Sicht sollte der Staat froh sein, wenn die Menschen fürs Alter vorsorgen, dann stehen sie im Ruhestand finanziell auf eigenen Beinen und sind nicht auf staatliche Unterstützung angewiesen. Der Säule 3a würden die Menschen indessen ein grosses Vertrauen entgegenbringen, da sie hier für sich selber sparten und es keine Umverteilung wie in der AHV und auch in der beruflichen Vorsorge gebe.

Auch die Vertreter des Vereins Vorsorge Schweiz (VVS), der die Interessen von Säule-3a- und Freizügigkeitsstiftungen vertritt, kritisieren die Vorlage. "Der Bundesrat hat einen stark von der Motion Ettlin abweichenden Umsetzungsentwurf in die Vernehmlassung geschickt", sagt Nils Aggett, Präsident des VVS. Die Motion Ettlin sei durchdacht gewesen, die Vorlage des Bundesrats hingegen mache viele ihrer Vorteile zunichte.

"Ältere Lücken schliessen" – wie bei der Pensionskasse

"Den heute 30- bis 50-Jährigen bringt die Vorlage des Bundesrats in dieser Form wenig", sagt Aggett. "Es sollte möglich sein, ab Inkrafttreten rückwirkend für frühere Jahre einzuzahlen, wie das in der Motion Ettlin vorgesehen war." Bei der Pensionskasse sei es schliesslich ebenfalls möglich, ältere Lücken zu schliessen.

Zudem stösst sich der VVS-Vertreter daran, dass eine Person, die sich in die Säule 3a einkaufen möchte, ein AHV-pflichtiges Einkommen für das entsprechende Jahr nachweisen muss. Beim Errechnen von Lücken in der Pensionskasse spiele dies keine Rolle, und ihm sei es "ein Rätsel", wieso dies in der Säule 3a anders sein solle. Personen, die eine Zeitlang nicht oder nur in einem kleinen Teilzeitpensum gearbeitet haben oder die spät in die Schweiz gekommen sind, könnten ihre Lücken in der Säule 3a nicht schliessen. "Das sind aber gerade die Leute, für die Einkäufe in die Säule 3a sinnvoll wären", sagt Aggett.

Ohnehin mache das Modell des Bundesrats Einkäufe in die Säule 3a unnötig kompliziert und administrativ aufwendig. "Man muss theoretisch immer eine Schattenrechnung führen, in welchem Jahr man berufstätig war und in welchem nicht", sagt Aggett. "Die Vorlage des Bundesrats führt dazu, dass man verschiedene Formulare braucht, um sich in die Säule 3a einzukaufen. Dies schafft zusätzliche Hürden."

Wie Umfragen zeigen, haben viele Menschen Beitragslücken in der Säule 3a. Wie es in der Mitteilung des Bundesrats heisst, beanspruchen nur 10 Prozent der Steuerpflichtigen den jährlich zulässigen Maximalabzug für die steuerbegünstigte Vorsorge in der Säule 3a. Gleichzeitig zeigen Studien, dass private Vorsorge immer wichtiger wird, wenn Menschen ihren Lebensstandard im Alter halten möchten.

Ausfälle bei Steuereinnahmen befürchtet

Es gibt aber auch viel Kritik an der Vorlage generell. Diese komme nur Personen mit hohem Einkommen zugute, das teilt etwa die SP Schweiz in einem Communiqué mit. Die Vorlage würde zu massiven Steuerausfällen führen, unter denen die ganze Bevölkerung leiden würde.

Auch in der Mitteilung des Bundesrats finden sich kritische Töne. Einkäufe in die Säule 3a kämen "vor allem jenen Haushalten zugute, die ein steuerbares Einkommen von über 100 000 Franken pro Jahr erwirtschaften", heisst es darin. Auch die potenziellen Steuerausfälle sind prominent erwähnt.

Bisher habe es in der Säule 3a keine Einkäufe gegeben, folglich könne es auch keine Lücken geben, das ist derweil in Behördenkreisen zu hören. Viele Menschen könnten die jährlichen Beiträge für die Säule 3a nicht berappen, folglich könnten sie sich auch nicht einkaufen. Mit grossen Einkaufsmöglichkeiten in die Säule 3a unterstütze die Allgemeinheit eine Berufsgruppe, die nicht wirklich Hilfe bei der Altersvorsorge brauche. Zudem hätten die meisten Versicherten Einkaufspotenzial in der Pensionskasse und könnten zunächst einmal dieses ausschöpfen. Die Vorlage schaffe eine Konkurrenz zwischen der zweiten und der dritten Säule, die zulasten der beruflichen Vorsorge gehen könne.

Ettlin hält dem entgegen, seine Motion für Einkäufe in die Säule 3a sei vor allem für den Mittelstand, nicht nur die Wohlhabenden gedacht. Er denke dabei beispielsweise an ein Paar im Alter von über fünfzig, das Kinder grossgezogen habe und in dem beide Partner wieder mehr arbeiteten. Dann sei oft wieder mehr Geld vorhanden, um die private Vorsorge aufzubessern. Meistens betreffe dies Frauen, die bei der Erwerbsarbeit grössere Abstriche gemacht hätten, um sich um Kinder zu kümmern. "Die Vorlage des Bundesrats zu der Motion ist besser als nichts, aber viele Leute sind davon enttäuscht", sagt Ettlin.

Michael Ferber, «Neue Zürcher Zeitung» (20.12.2023)

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